Samstag, 8. Mai 2010

News




Nach langer notwendiger Pause, gibt es nun mal wieder ein paar Neuigkeiten über mein Leben hier. Notwendige Pause daher, da ich meinen seelischen Tiefpunkt hier nun auch schon erleben musste. Ich weiß nicht wie ich darüber berichten soll. Ich fass es mal ganz kurz zusammen. (20.4)Stas, Dima, Michi (bis dato mein bester Freund hier, ich hatte jeden Tag mit Ihm zu tun) und ich, saßen in einem Park und tranken Bier. Danach sind wir in die Fußgängerzone gegangen. Dort war dann noch eine andere Gruppe von sechs Männern (zwischen 23 und 25 Jahre alt) und eine Frau. Es war alles OK bis dann ein Mann zu uns kam und uns zugetextet hat. Zuerst haben wir das alles ignoriert, doch dann hat einer von uns darauf geantwortet. Daraufhin wurde Ihm gleich in das Gesicht geschlagen. Es kamen die anderen Männer zu uns und haben uns alle angegriffen. Ich hab „nur“ drei Schläge ins Gesicht bekommen und lag am Boden. Als dann Michi bewegungslos am Boden lag, haben alle aufgehört und die Polizei und den Krankenwagen gerufen. Als dann die Polizei kam, hat sie nichts weiter gemacht als nochmal den Krankenwagen zu rufen. Und der „Witz“ dabei ist, dass ein Polizist noch Champagner von den „Gegnern“ getrunken hat. Als dann der Krankenwagen kam, haben sie Michi mit ins Krankenhaus genommen und wir sind nach Hause gegangen. Am nächsten Morgen um 8.00 sind wir dann zum Krankenhaus gefahren, wo uns mitgeteilt wurde, dass Michi tot ist. Er soll auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben sein, Genickbruch. Die nächsten zwei Tage wurde er in Samara und Pochnisnowa (seiner Heimat) aufggebahrt, wo sich alle Leute verabschieden konnten. An dritten Tag sind wir dann mit einem Bus nach Pochnisnowa gefahren und haben ihn beerdigt. Was noch einmal besonders schlimm war, ich musste mit einem anderen Mann den Sargdeckel auf den Sarg legen. Nach neun Tagen gab es ein Andachtsessen, sowie es nach 40 Tagen auch nochmal ein solches Essen geben wird.

Nun kommen wir mal zu den erfreulichen Dingen im Leben. Wir haben jetzt 30°C und Sonnenschein. Die Bäume werden jetzt auch alle grün und die Blumen blühen. Es sieht sehr schön aus. Doch unsere Chefin meint, dass es noch einmal kalt werden soll. Ich hoffe ja mal nicht. In der ganzen Stadt werden jetzt die Bordsteinkanten und der untere Meter der Baumstämme weiß angemalt. Ich fand das recht sinnlos, da es nicht lange weiß aussieht und hab gefragt, wozu das Ganze. Antwort: Damit es schön aussieht. Naja OK. Über Ostern (30.3-9.4) waren meine Eltern und Schwester zu Besuch hier. Es war eine schöne Zeit. Wir haben uns Samara angeschaut und sind mit einem „Hovercraft“ (Luftkissenboot) gefahren. Wir waren in der Philharmonie und durften typische russische Ostern, teilweise bei den Orthodoxen, miterleben. Bei uns in der Kirche gab es einen sehr langen Gottesdienst zu Ostersonntag (3h), mit Chor, Ensemble, Männerchor und einen 25 minütigen Auftritt von unserem Trio (Mutti, Betti und ich). Weitere Highlights waren die Besuche von drei wolgadeutschen Gemeinden im Samaragebiet, als auch zwei Abende bei russischen Familien. Der Besuch hat mir doch gezeigt, wie ich mich doch schon an das Leben und die Leute hier gewöhnt habe.

Was gibt es sonst noch? Ich geh jeden Abend joggen entlang der Wolga. Auch war ich wieder in einer Halle Fussball spielen. Wir haben auch wieder im Kirchenkeller Tischtennis gespielt.

Ebenfalls hatten wir ein Treffen im Obdachlosenheim, mit anschließender Besichtigung. Es war natürlich nicht so schön anzusehen, die Invaliden, die den ganzen Tag im Bett liegen müssen. Doch alles im allen ging es.

Letztes Wochenende (zum 1. Mai) sind Sascha + vier Freunde und ich nach Krasnij Jar gefahren. Wir sind Freitagabend hingefahren und Sonntagabend zurück. Dort gab es Bier, Wodka und Schaschlick, halt mal ein Wochenende nichts tun. Desweiteren waren wir Samstag bei einem Russen in der Banja (Sauna) und hatten dort das volle „Banjaprogramm“. Montag hatten wir auch frei, da der 1. Mai auf den Samstag fiel. Genauso wie nächsten Montag, werden wir auch frei haben, da der 9.Mai (riesiger Feiertag – Sieg über das faschistische Deutschland) auf Sonntag fällt. Dass dieser Tag hier so groß gefeiert wird, in der jetzigen Zeit, verwundert mich doch etwas. Überall hängen Plakate und Bilder mit der Aufschrift „С днём Победы“ –„Zum Tag des Sieges“, zum Beispiel auf der Straßenbahn, an Bussen, an Säulen, über irgendwelchen Eingängen, im Internet kleine Werbeflächen, in allen Medien und das Lustigste war auf einer Wodkaflasche. Ja, das wird ein großer Feiertag. Um 10.00 Uhr ist dann große Parade auf dem Kubischewaplatz, anschließend ein Konzert und abends noch Feuerwerk.

Ansonsten ist für Ende Mai ein Ausflug mit vier Freunden nach Kazan geplant.

Soweit erstmal die sehr kontrastreichen News aus Samara.

Mit den besten Wünschen an alle und einen schönen Männertag/Himmelfahrt und Pfingsten

Sebastian